Italien, Land der Sehnsucht
„Kennst du es wohl?“, fragte der Dichter, auf dessen Spuren bereits über Jahrhunderte die nördlich der Alpen lebenden Europäer dorthin zogen, wo „ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht“. Die ewige „Italiensehnsucht” der Deutschen hat sich selbst in der Sprache niedergeschlagen: Kein anderes Land konnte denselben Stellenwert einnehmen, wie er sich in dem zusammengesetzten Substantiv für Italien ausdrückt. Doch wo genau sollte man gewesen sein, wenn man das „bel paese“, das schöne Land, gut kennenlernen will und man die Wahl hat zwischen der Vielzahl an Orten, die sich zwischen Venedig, Apulien und Sizilien befinden?
Das Land, das Reise, Kultur und Bildung verbindet
Auf der Liste der UNESCO-Welterbestätten befinden sich viele Plätze. In keinem anderen Land aber wurden so viele Orte als Welterbe eingestuft wie in Italien. Der Grund dafür ist, dass sich auf der italienischen Halbinsel schon sehr früh eine der ältesten und dauerhaftesten Hochkulturen der Welt entwickelte. Als Erbe der antiken griechischen Kultur wurde das Imperium Romanum über Jahrhunderte zum Inbegriff einer Verfeinerung und imperialen Macht, dem es gelang, die Reichtümer der gesamten damals bekannten Welt entlang der Küsten des Mittelmeers bis zu den Wüsten Arabiens oder den Hochebenen Schottlands zu vereinen.
Rom, die ewige Stadt
Die Ausstrahlung Roms als jahrhundertelanges Zentrum der Welt ist bis noch heute für jeden spürbar, der die Stadt am Tiber besucht. Kein Wunder, dass der Bischof von Rom, der Papst, immer noch das Oberhaupt der römisch-katholischen Christenheit darstellt. Für Goethe, der im 18. Jahrhundert einer der ersten war, die sich auf eine „grand tour“ begaben, woraus der Name Tourist entstand, war Rom das Ziel seines Strebens. Und wie er im Nachhinein feststellte: Es wurde die glücklichste Zeit seines Lebens. Getreu dem Motto „Die beste Bildung erhält der Mensch auf Reisen“ waren es vor allem englische, französische und deutsche Adlige, die im 18. Jahrhundert eine große Tour unternahmen, auf der sie anstrebten, ihre Bildung zu vervollkommnen. In der Nachfolge von Lord Byron, Shelley, Montaigne oder Goethe wird der Massentourist der heutigen Welt geradezu geadelt. Unser Tipp: Das flippige und trendige Bohème-Viertel Trastevere. Hier finden sich sowohl innovative Trattorias, Craft-Bier-Bars, Mode- und Kunsthandwerksläden als auch einfache B&Bs und Budget-Hotels. Wer hingegen zu bezahlbaren Preisen auf Sterne-Niveau speisen möchte, sollte die Villa Medici ansteuern. Das in ihr gelegene Restaurant wird von französischen Köchen geführt, die sich vom Ort inspirieren lassen. Denn schon in römischer Zeit hatte der Feinschmecker Lukullus hier seine römische Stadtvilla.
Venedig und Florenz – die ersten Stationen jenseits der Alpen
Auf ihrem Weg nach Rom hielten sich die meisten ersten Italienreisenden in Venedig und Florenz auf, da beide Orte einen weltweit einzigartigen Charakter haben. In Florenz wurde die untergegangene Hochkultur der antiken griechischen-römischen Welt im 15. und 16. Jahrhundert gleichsam wiedergeboren. In der Renaissancestadt am Arno gelang es, erstmals wieder Bauwerke zu errichten, wie sie seit dem Untergang des weströmischen Reiches nicht mehr für möglich gehalten wurden. Die karmesinrote Kuppel des Florentiner Doms, der Kathedrale Santa Maria del Fiore, wurde nach sechszehnjähriger Bauzeit 1436 vom Architekten Filippo Brunelleschi fertiggestellt; aufgrund ihrer Einzigartigkeit gilt sie noch heute als Höhepunkt der Renaissance. Weiterhin bauten reiche Kaufmannsfamilien wie die Medici in Florenz Paläste, die architektonisch zum Vorbild für viele Handelshäuser und Bankgebäude in aller Welt wurden. Der von Familien wie den Medici angehäufte Reichtum ließ die Künste auf der italienischen Halbinsel erblühen. Werke der bedeutendsten Renaissance-Meister finden sich in den berühmten Uffizien, einem der meistbesuchten Museen der Welt.
Darüber hinaus entwickelte sich im Renaissance-Zeitalter in dieser Handelsstadt ein äußerst dynamisches Wirtschaftssystem, das nach unzähligen Wandlungen bis heute die Welt prägt: der Kapitalismus. Worte wie Bank, Kredit und Girokonto sprechen noch heute von diesen Anfängen. Der Reichtum, der auf diese Weise nach Florenz und Venedig strömte, ist der Grund für die sagenhafte Blüte beider Städte.
Bei Venedig kommt die märchenhafte Lage der Stadt hinzu, die auf Holzpfählen in einer Lagune zwischen Wasser und Himmel erbaut wurde. Wer in der Dämmerung das Vaporetto, das schwankende Fährboot, nimmt und sich langsam den sich im Wasser der Lagune spiegelnden Prachtbauten der Stadt nähert, dürfte sich die Augen reiben. Das Wunder der aus dem Meer herausgewachsenen Türme der Stadt, ihrer prächtigen Kirchen und gotischen Handelshäuser erscheint wie eine Fata Morgana, bei der die Gesetze der Natur spielend außer Kraft gesetzt wirken. Wer sich abseits des vielfrequentierten Hauptweges zwischen dem Bahnhof Venedigs und dem Markusplatz bewegt, findet selbst in der Hochsaison menschenleere Plätze und Kirchen, in denen in mystischer Dunkelheit Meisterwerke der italienischen Kunst auf den Besucher warten. Entlang des Lidos ist heute noch die Pracht der Grand Hotels des 19. Jahrhunderts zu bewundern, wo Visconti Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“ verfilmte.
Neapel sehen — und sterben!
Nur wenige wissen, dass dieser Ausspruch eine traurige Ursache hat: Auf Anraten ihrer Ärzte suchten einst viele wohlhabende Tuberkulose-Kranke eine heilende Luftveränderung am Golf von Neapel. Da der Weg lang und beschwerlich war und ihre Lungenkrankheit meist bereits weit fortgeschritten, erblickten viele bestenfalls noch die Silhouette der Stadt, bevor sie ihren letzten Atemzug taten.
Wer heute nach Neapel kommt, sollte im malerischen Gewirr der engen Altstadtgassen die neapolitanische Pizza probieren, die in einem Holzofen gebacken in der Stadt an den Ausläufern des Vesuvs erfunden wurde. Erfrischend dazu passt immer ein rubinrotes Glas des umbrischen Sangiovese.
Bis heute haben sich in Neapel die besten italienischen Herrenschneider erhalten, die für ihre anspruchsvolle britische Kundschaft einst maßgeschneiderte Kleidung herstellten und dabei das Kunststück vollbrachten, feinste britische Stoffe zu verwenden und sie an das schwül-heiße Klima am Golf von Neapel anzupassen. Wer Wert auf ultraleichte Anzüge legt, wird in Neapel für sich leicht die richtige Schneiderei entdecken, wie etwa die legendäre Sartoria Ciardi, in der sich schon in den Fünfzigerjahren Filmstars aus Hollywood ihr federleichtes neapolitanisches Sakko fertigen ließen.
Capri – mehr als nur Sonnenuntergänge
Von Neapel ist es dann auch nicht mehr weit nach Capri, der vielleicht schönsten Insel der Welt. Ihr Charme nahm schon in römischen Zeiten die mächtigen Caesaren für sich ein, die es vorzogen, im Azurblau der Insel zu residieren, anstatt im schon in vorchristlicher Zeit übervölkerten Rom zu verbleiben. Zu jedem Aufenthalt auf Capri gehört ein Besuch der blauen Grotte, die im 18. Jahrhundert von einem deutschen Künstler und Italienabenteurer wiederentdeckt wurde. Alternativ zur unspektakulären Überfahrt nach Capri über den Golf von Neapel bietet sich die landschaftlich eindrucksvolle Strecke entlang der dramatischen Amalfi-Küste von Salerno nach Capri an: Wie Perlen auf einer Kette reihen sich die malerischsten Küstenstädte dort aneinander, bis das Fährboot im Hafen der Marina Grande auf Capri anlegt. Unser Tipp: In Ravello, oberhalb von Amalfi, finden sich prächtige Anwesen wie die romantische Villa Cimbrone, wo man durch die malerischen Gärten streifen kann, die schon Richard Wagner inspirierten. Von der Terrazza dell’infinito hat man einen atemberaubenden Ausblick über die Unendlichkeit des Meeres.
Der Palio di Siena – ein authentisches italienisches Volksfest
Auch von Florenz ist es nur ein Katzensprung in die Nachbarstadt Siena, wo jedes Jahr im Juli und im August ein authentisches italienisches Volksfest gefeiert wird. Mitten in der Stadt, auf dem muschelförmigen Rathausplatz, dem Campo, ohne Zweifel einer der schönsten Plätzen der Welt, findet jedes Jahr ein Pferderennen statt, bei dem die einzelnen Stadtteile Sienas gegeneinander antreten. Der Palio setzt bei den Einwohnern Sienas ungeahnte Emotionen frei; eine Woche lang fiebert die Stadt auf das entscheidende Rennen hin. Jeder Italienfreund sollte die aufgeladene Stimmung in der farbenprächtigen historischen Kulisse einmal erlebt haben und sich abends durch die Viertel der Stadt treiben lassen, in denen die Einwohner an großen langen Tafeln unter dem Licht des Mondes bis in die Nacht feiern.
Eindrucksvolle Bauten in Vicenza
Die unvergleichliche Schönheit der italienischen Halbinsel lässt sich auch von Venedig aus gut entdecken. Wie alle klassischen Touristen sollte auch der heutige Italienreisende dabei in Vicenza Station machen, um die Bauten des Renaissancearchitekten Andrea Palladio nicht zu verpassen.
Auch der zentrale Piazza dei Signori ist dazu eine gute Anlaufstelle, denn der Platz wird von einem beeindruckenden Turm, dem Torre di Piazza, der fast 80 m Höhe erreicht und aus der Zeit des Kaisers Barbarossa stammt, überragt. Nicht weit davon entfernt ist das Theatre Olimpico, das erste Theatergebäude, das seit dem Ende der Antike in Europa errichtet wurde. Die majestätische vor den Toren der Stadt gelegene Villa Rotonda bietet sich als Ort großer Feste wie einer stilvollen italienischen Heirat an.
Sizilien
Eine Italienreise, ohne auf Sizilien gewesen zu sein, ist nicht komplett. Dies erkannte einst im 18. Jahrhundert bereits Goethe und begegnete dort den beeindruckenden Überresten der antiken griechischen Zivilisation. Weit entfernt von den Geschäften der heutigen Mafia sollte sich der Sizilien-Reisende am besten an der Ostküste in Taormina aufhalten, die durch ihre bezaubernde Lage und Bademöglichkeiten entzückt. Nicht verpassen sollte man eine der vielen sizilianischen Spezialitäten wie die leckeren Arancini, frittierte mit Ragù gefüllte Reisbällchen. Passend dazu bietet sich ein leichtes italienisches Bier wie das würzige Birra Moretti an.
In Taormina wird jeder Besucher auch feststellen, dass das heutige Italien das weltweite Zentrum der Mode ist.
Prada, Gucci, Armani und Co.
An allen genannten Orten bieten bekannte Marken wie Armani, Gucci, Loro Piana, Prada und Co. ihre exklusiven Artikel an. Aber auch unbekanntere Labels kleinerer Produzenten lohnen sich stets, näher in Augenschein genommen zu werden. Aus kleinen Anfängen ist in der italienischen Mode schon mancher spätere Weltkonzern entstanden. Für die vielen Einkaufsmöglichkeiten in Italien sollte deshalb im Koffer immer genügend Stauraum reserviert bleiben — oder man schafft sich einfach einen neuen Koffer vor Ort an.
Hier noch mal unsere Top 7 jeder Italienreise:
- Rom
- Venedig
- Florenz/Siena
- Neapel
- Capri
- Vicenza
- Taormina ‑MCK-