Wie hoch ist die Gefahr eines „Blackout“?
Gehörte Deutschland einst zu den Ländern mit der größten Versorgungssicherheit weltweit, ist mit der bereits vollzogenen weitgehenden Abschaltung von Kohle- und Atomkraftwerken die jederzeit verlässliche Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung mit Strom unsicherer geworden. Hinzu kommt, dass Gas möglicherweise nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, um in Strom umgewandelt zu werden.
Dafür hat im Strommix der Anteil erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne deutlich zugenommen. Leider gibt es in den Wintermonaten oft Phasen, in denen weder Wind weht noch die Sonne scheint. Es kommt dann zur gefürchteten Dunkelflaute, in der die Einspeisung ins Netz der Nachfrage nicht mehr Stand hält. Die Folge kann ein Zusammenbruch der Netzstabilität sein.
Laut Bundesnetzagentur wirke sich der Umstieg auf erneuerbare Energieträger zwar aktuell noch nicht auf die Versorgungssicherheit aus. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass durch den geplante Ausstieg aus allen konventionellen bzw. fossilen Energieträgern die Versorgungssicherheit in naher Zukunft leiden wird.
Dafür spricht, dass es bereits jetzt eine Vielzahl an Stromausfällen gibt, die im Milli-Sekundenbereich und darüber hinaus liegen. Sind diese allein für sich noch nicht gefährlich, können sie gemeinsam einen Blackout auslösen, wenn es zu viele und in zu schneller Abfolge werden. Gemeint ist damit der Ausfall eines Netzgebietes, aus dem sich kaskadenartig weitere großflächige Stromausfälle ergeben können, die sich im schlimmsten Fall über Ländergrenzen erstrecken können. Ausgehend von der ursprünglich lokalen Störung können so Blackouts entstehen, die sich über die Regelzonen hinaus kilometerweit in der Fläche fortsetzen.
Mit regelnden Eingriffen in die Netzstabilität konnten sich bislang Stromausfälle mitunter noch soeben beherrschen lassen. So stieg der Anstieg kritischer Eingriffe ins Stromnetz in den vergangenen Jahren in dramatischer Weise an.
Auch der Leiter des Wittener Instituts für Sicherheitsstudien sieht die Gefahr als real an, wie der Kölner Stadtanzeiger am 09.09.2022 berichtete. Die Stadt Köln bereite sich bereits vor.
Wie angespannt ist das Stromnetz?
Gab es im Jahr 2006 insgesamt nicht mehr als vier systemstabilisierende Eingriffe, schnellte ihre Anzahl bis zum Jahr 2019 auf über 6.000 Eingriffe hoch. Tendenz weiter steigend. Dabei werden durch sogenannte Lastabwürfe (auch „Brownout“ genannt) zeitweilig ganze Fabriken vom Netz genommen, deren Produktionsprozesse besonders energieintensiv ist, wie in der Stahl- Aluminium- und Glasindustrie, um zu verhindern, dass das gesamte Netz kollabiert.
Die Betreiber werden für den zeitweiligen Produktionsausfall entschädigt. Die Kosten für die vertraglich im Vorfeld geregelte Abschaltung vom Stromnetz jedoch trägt die Allgemeinheit der Stromkunden. Die letzten bekannt gewordenen Zahlen derartiger netzstabilisierender Eingriffe stammen aus dem Jahr 2020 und lagen bei nicht weniger als 1,4 Milliarden Euro im Jahr. Je weniger grundlastfähige Kraftwerke am Netz sind, desto mehr wird die Blackout-Gefahr zunehmen. Schon heute ist bekannt: „Mittlerweile sind fast täglich zunehmend aufwändigere Interventionen erforderlich, um einen Kollaps zu verhindern“.
Im September 2021 warnte die Investmentbank Goldman Sachs vor sich mehrenden Stromausfällen in Europa. Gleichermaßen wies im November 2021 der Energieversorger Eon darauf hin, dass immer häufiger Engpässe im Stromnetz auftreten werden. Notfalls könnte Versorgungsunternehmen gezwungen sein, „Verbraucher vom Netz zu trennen — sogar ganze Städte“.
Blackout als das größte Katastrophenrisiko
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) schätzt mittlerweile einen Blackout als das größte Katastrophenrisiko ein. Seit 2011 warnt das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag bereits eindringlich vor seinen Konsequenzen: „Die Folgenanalysen haben gezeigt, dass bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sicherzustellen ist. Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, der grundgesetzlich verankerten Schutzpflicht für Leib und Leben seiner Bürger kann der Staat nicht mehr gerecht werden.“
So warnte der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe bereits vor den Folgen einer misslungenen Energiewende als er in einem Interview im Juni 2020 auf die Frage, welches Katastrophenszenario er am meisten befürchte, feststellte: „Ganz klar den Blackout, einen flächendeckenden, lange anhaltenden Stromausfall“.
Was kann bei einem Blackout geschehen?
Im Falle eines lange anhaltenden Stromausfalls ist die Funktionsfähigkeit der gesamten gesellschaftlichen Infrastruktur in Gefahr. Sämtliche Kommunikationssysteme sind bei einem Stromausfall bedroht. Banken und Tankstellen müssen ihren Betrieb einstellen, da die Verbuchungssysteme bei Banken nicht mehr funktionieren. Ebenso sind Tanksäulen betroffen, die ohne Strom kein Benzin mehr pumpen können. Da die Notstromaggregate in Krankenhäusern nur maximal 48 für Stunden Kraftstoffreserven haben, wäre im Falle eines Stromausfalls der Medizinsektor besonders betroffen. Operationen könnte nicht mehr stattfinden; lebensrettende Maßnahmen wären bedroht. Selbst die Trinkwasserversorgung ist ohne Strom dauerhaft nicht gesichert, wozu auch ein Ausfall der Toilettenspülungen hinzutreten würde.
Welche Dauer kann ein Ausfall annehmen?
Wie lange mit dem Ausfall von Strom zu rechnen ist, lässt sich im Krisenfall schwer abschätzen. Der längste in Deutschland bisher aufgetretene Stromausfall zog sich 2005 im Münsterland über vier Tage hin. Grund war eine Extremwetterlage, bei der große Mengen an Neuschnee viele Stromleitungen zum Einsturz brachten. Da jedoch ohne Strom auch Kraftwerke nicht betrieben werden können (so paradox dies klingen mag), wäre das Problem sofort viel größer, als man zunächst erwarten würde. So führte die Simulation eines Blackouts im Atomkraftwerk Tschernobyl 1986 zum größten Reaktorunfall der Geschichte. Man hatte schlichtweg ergründen wollen, ob das Kraftwerk schnell genug mit eigenem Strom betrieben werden könnte — mit den bekannten, schrecklichen Folgen. Eine sofort durchgeführte Überprüfung der deutschen Kernkraftwerke ergab übrigens, dass diese Gefahr dort nicht besteht.
Bei einem kaskadenartigen bundesweiten Ausfall würden aber viel Geduld und gute Vorbereitung ganz entscheidend sein. Alleine Pumpspeicherkraftwerke sind in der Lage, bei einem Kaltstart ohne Strom neue Energie zu erzeugen. In Deutschland gibt es gegenwärtig 26 Pumpspeicherkraftwerke. Die meisten befinden sich in Baden-Württemberg (7) mit einer Leistung über 1500 Megawatt, in Thüringen (4) mit ebenfalls über 1500 Megawatt und in Bayern (6) mit knapp über 500 Megawatt. Nur über ein einziges Pumpspeicherkraftwerk verfügen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (303 MW), Schleswig-Holstein (119 MW) und Sachsen-Anhalt (80 MW). Auch Österreich besitzt mit 13 Pumpspeicherkraftwerken weniger, als man erwarten würde
Schnell kann ein flächendeckender Stromausfall eintreten, wenn im Winter die Gasreserven aufgebraucht sind. Da sich in den vergangenen Monaten die Bundesbürger über 600.000 Elektroheizungen zugelegt haben, die bei einem Ausfall der Gasheizungen mit einem Schlag ans Netz gehen, könnte die eintretenden Überlastungssituation das Stromnetz kollabieren lassen. Erschwerend kommt in einem solchen Fall hinzu: Selbst wenn die Gasmangellage beseitigt ist, können Heizungen nicht sofort wieder in Betrieb genommen werden. Vielmehr muss der Gasdruck in den Anlagen erst langsam wieder aufgebaut werden. Schließlich muss jede einzelne Heizungsanlage in jedem Haus wieder durch einen Techniker eingestellt werden, bis Gasheizungen wieder in Betrieb gehen können. Da sich dieser Prozess im Winter über viele Wochen und gar Monate erstrecken kann, ist auch nach einem wiederhergestellten Strombezug damit zu rechnen, dass das Netz solange instabil und störanfällig bleibt.
Wer sich die schwierigen Umstände, die ein großer Blackout herbeiführen kann, näher vor Augen führen möchte, dem können wir übrigens den Roman Blackout von Marc Eisberg empfehlen.
Woran du unbedingt denken solltest
Das Bundesamt für Katastrophenschutz empfiehlt in seinem Ratgeber zur Notfallvorsorge eine Bevorratung der nötigsten Dinge für 10 Tage. Hierbei sind aber nicht nur Stromausfälle, sondern auch andere Situationen wie Naturkatastrophen oder der Verteidigungsfall berücksichtigt. Städte und Gemeinden planen derzeit mit Stromausfällen bis maximal 72 Stunden.
Wasser und Nahrung
Für den Notfall sind zuallererst Trink- und Brauchwasservorräte für mindestens drei Tage notwendig. Wer in seinem Keller oder Vorratszimmer keinen entsprechenden Stauraum hat, sollte beim ersten Anzeichen eines Stromausfalls die Badewanne seiner Wohnung mit dem noch vorhandenen Wasser in der Leitung auffüllen. Weiterhin sind leere Kanister von großem Vorteil, die an fließenden Gewässern aufgefüllt werden können. Wasseraufbereitungstabletten (z.B. Micropur) sollten zudem in ausreichender Menge vorrätig sein, um das geschöpfte Wasser trinkbar zu machen, falls es nicht abgekocht werden kann.
Weiterhin werden Lebensmittelvorräte für mehrere Tage benötigt.
Fast alle Supermärkte bieten Fertiggerichte in Metallschalen an, die kalt oder warm gegessen werden können und viele Jahre haltbar sind.
Ebenfalls lange haltbar sind Nudeln und Reis. Da ohne Strom auch bei den Bäckern kein Brot gebacken werden kann, gibt es die Möglichkeit, im Internet Brot in Dosen zu erwerben, das ebenfalls viele Jahre genießbar ist. ohne
Licht und Wärme
Ein Campingkocher mit ausreichenden Reserve-Gaskartuschen ist in vielfältiger Weise nutzbar. Nicht nur um damit in die Lage zu sein, sich warme Mahlzeiten zuzubereiten, sondern auch um notfalls Wärmeflaschen zu befüllen und bei fehlenden Trinkwasservorräten Wasser abkochen zu können oder dir, bei Kälte, warme Getränke zuzubereiten.
Kerzen und Streichhölzer oder Feuerzeuge (Kerzenhalter, notfalls Flaschen) geben dir an den Abenden wenigstens so viel Licht, dass du dich zurechtfindest.
Taschenlampen können dir mehr Licht spenden und sind vor allem dann sinnvoll, wenn du sehr schnell Licht benötigst oder draußen in der Dunkelheit unterwegs bist. Achte auf genügend Batterien.
Bei einem Stromausfall im Winter sind ausreichend warme Decken, und Wärmeflaschen wichtig, da viele Heizungsanlagen ohne Strom nicht betrieben werden können. Günstige Fleecedecken gibt es in Textildiscountern oder online bereits ab 1,50 Euro.
Kontakt und Sicherheit
Um Ankündigungen der Regierung hören zu können, empfiehlt sich ein Batterie- oder Dynamo-betriebenes Radio.
Eine Ausreichende Menge an Bargeld in kleiner Zählung sollte bereitgehalten werden, um im Notfall z.B. Medikamente oder (z.B. beim Bauern) Nahrung kaufen zu können. Insgesamt solltest du aber davon ausgehen, dass die allermeisten Geschäfte aufgrund der elektrischen Bezahlsysteme geschlossen bleiben werden.
Weil ohne Elektrizität auch die Alarmanlagen ausfallen, muss zumindest in Großstädten mit Plünderungen gerechnet werden. Daher ist es sinnvoll, die eigene Wohnung oder das Haus so sichern, dass man sich gut verbarrikadieren kann. Die Wohnung sollte so selten wie möglich verlassen werden. Wie real die Gefahr ist, zeigt das Beispiel der Hochwasser von 2005 („Katrina“) und 2012 („Isaac“) in New Orleans, bei denen es zu massiven Plünderungen kam. So mussten damals viele Plünderer dort von den US-Sicherheitskräften erschossen werden.
Notstrom
Falls du unbedingt auf eine Stromversorgung angewiesen bist, besteht noch die Möglichkeit von großen Powerbanks oder Notstromaggregaten. Erstere sind aber relativ teuer (meist über 1000 Euro) und für letztere ist natürlich ein Kraftstoffvorrat von wenigstens 50 Litern und wegen der Abgase die Aufstellmöglichkeit (zumindest ein Balkon) mit einzurechnen.
Achtung: Kostengünstig (unter 150 Euro) kommst du an ein „Notstromaggregat“, wenn du in dein Auto einen elektrischen Spannungswandler bzw. Wechselrichter für 230 Volt einbauen lässt. Bedenke aber, dass dein Auto dann in unmittelbarer Nähe der Wohnung stehen muss und ausreichend lange Kabel vorhanden sind.
Mit diesen Vorbereitungen solltest du nun einen Blackout für mehrere Tage gut überstehen können. Wir hoffen aber natürlich, dass alles nur Theorie und Gedankenspiel bleibt.
-MCK-