Was ist Barfen überhaupt?
Vor ein paar Jahren galt Barfen noch als eine eher exotische Möglichkeit, seinen Hund zu füttern. Mittlerweile sieht man aber in fast jedem Geschäft mit Tierbedarf eine sogenannte „Barf-Abteilung“. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Barf? Die „Biologisch artgerechte Rohfütterung“, kurz genannt Barf, bedeutet, seinen Hund, angelehnt an die ursprüngliche Ernährung der Karnivoren, also der Fleischfresser, mit rohem Fleisch, Innereien und Gemüse zu füttern. Seinen Hund zu barfen heißt also, dass man nicht auf vorgefertigtes Trocken- oder Nassfutter zurückgreift, sondern dass man seinen Hund mit ausgewähltem Fleisch und Gemüse füttert.
Ist Barfen die natürlichste Füttermethode für Hunde?
Um diese Frage zu beantworten, muss natürlich der Hund als biologisches Wesen betrachtet werden. Er ist kein Tier, dass in dieser Form direkt in der Natur vorkommt – sondern gewissermaßen eine Kreation des Menschen, der ihn in seinen verschiedenen Formen per Zucht für seine Bedarfe (Jagd, Herdenhüter, Hausbewacher usw.) geformt hat. In dieser über 15.000 Jahre dauernden gemeinsamen Geschichte hat sich entsprechend auch der Ernährungsanspruch des Hundes gewandelt.
Das wird deutlich, wenn man etwas genauer auf die Entwicklungsgeschichte des Hundes schaut. Dessen Vorfahre war der Wolf oder zumindest ein dem Wolf noch sehr ähnliches Tier. Mehrfach domestizierte der Mensch diese Tiere, so dass die heute vorhandenen Hunderassen mindestens zwei Entwicklungslinien entstammen. Beiden gemeinsam war jedoch, dass sie sich wohl vor allem von Essensresten und dem ernährten, was sie bei Tisch erbetteln konnten – nicht zufällig hat sich dieses Verhalten bei Hunden ausgeprägt. Da bedeutet aber auch, dass sie sich in den letzten 15.000 Jahren Stück für Stück an die menschliche Ernährung angepasst haben. Und die beinhaltete, seit dem Ende der Steinzeit, nicht nur gegartes Fleisch, sondern vor allem auch Kohlenhydrate. Einen guten Beweis für diese Anpassung liefert die Tatsache, dass Wölfe und Dingos (die eine verwilderte sehr frühe Form des Hundes darstellen) das Gen, welches zum Verdauen von Kohlenhydraten befähigt, nur in ein- bis zweifacher Ausführung besitzen, während unsere Haushunde dies in zwanzig- bis dreißigfacher Ausführung im Genom haben. Dies wird von Forschern mit der Anpassung an stärkehaltige, menschliche Nahrung wie z.B. Reis erklärt.
Eine ursprüngliche Eigenschaft scheint sich der Hund jedoch bewahrt zu haben: Eine einzige, große Mahlzeit am Tag scheint der Gesundheit deines Vierbeiners zuträglicher zu sein als mehrere kleine über den Tag verteilt oder sogar ein immer gefüllter Fressnapf.
Gefahren und Risiken beim Barfen
Eine große Gefahr die mit dem Barfen einhergeht ist deshalb die der Fehlernährung. Laut dem Präsidenten der Bundestierärztekammer ist es zwar möglich, seinen Hund mit selbst zusammengestelltem Futter ausgewogen zu ernähren, jedoch bedarf es dafür einiges an Wissen und einer intensiven Beschäftigung mit dem Thema. Denn ähnlich wie bei uns Menschen, haben auch unsere Hunde ganz unterschiedliche Bedarfe und benötigen entsprechend eine unterschiedliche Zusammenstellung bei der Fütterung, welche von verschiedenen Faktoren wie unter anderem Alter, körperlicher Belastung oder Gesundheitszustand abhängig ist. Werden diese Faktoren nicht entsprechend berücksichtigt, besteht die Gefahr einer Unter- oder Überversorgung. Demzufolge ist es unzureichend, seinem Hund einfach beliebig rohes Fleisch, Knochen oder Gemüse vorzusetzen. Die bedarfsgerechte Versorgung mit Energie, Eiweiß, ungesättigten Fettsäuren, Mineralstoffen und Vitaminen ist wesentlich komplexer. Dazu kommt noch, dass Mineralstoffe wie Kalzium, Natrium oder verschiedene Spurenelemente nicht ausreichend im Fleisch enthalten sind. Gleiches gilt für die für die verdauungsnotwendigen Ballaststoffe, welche (abgesehen von Fell und Federn) vor allem in pflanzlichen Fasern enthalten sind und demgemäß durch weitere Fütterungskomponenten gedeckt werden müssen. Eine Möglichkeit, die diese Problematik vermeiden soll, ist die des Fertigbarfs. Dieses soll Zeit sparen und alles enthalten, was der Hund benötigt. Doch so einfach ist es leider nicht: Viele Fertigbarf-Produkte sind eben nicht ausgewogen, was auf lange Zeit zu gesundheitlichen Problemen führt. Zwar suggerieren Titel wie „Komplettbarf“ oder „Komplett Menü“, dass sie als Alleinfuttermittel ausreichen und somit deinen Hund umfassend versorgen. Jedoch sind diese Begriffe nicht gesetzlich definiert und somit erstmal nichtssagend. Zwar können sich trotzdem gute Produkte dahinter verbergen, ein Blick auf die genaue Zusammensetzung und die Inhaltsangaben ist aber unabdinglich. Es bedarf also auch hierbei einer genauen Auswahl. Vor allem, da das Fertigbarf wenig individuell ist und dein Hund beispielsweise bedingt durch Wachstum, Krankheit oder besondere körperlicher Aktivität einen ganz anderen Bedarf haben kann als der Durchschnitt.
Gesundheitsrisiko Keimbelastung beim Barfen
Ein weiteres Risiko ist das der Keimbelastung. Durch die Fütterung von rohem Fleisch können verschiedene Krankheitserreger übertragen werden. Das können beispielsweise Salmonellen und Campylobacter-Bakterien oder Clostridien sein. Salmonellen und Camplybacter können insbesondere bei rohem Geflügel auftreten und vor allem bei Salmonelle besteht das Risiko, dass der Hund selbst kaum oder keine Symptome zeigt und so die Erreger in seinem Umfeld verbreitet. Das erhöht das Risiko einer Ansteckung für den Menschen.
Darüberhinaus stellen auch ein- oder mehrzellige Parasiten, die mit rohem Fleisch übertragen werden können ein Risiko für Mensch und Hund dar. Dazu zählen infektiöse Zysten von Neospora caninum, Toxoplasma gondii und Sarkosporidien. Erstere können verschiedene Organsysteme des Hundes befallen und bei einer Störung des Immunsystems sogar das Gehirn schädigen. Sarkosporidien befallen den Darm und führen zu Übelkeit, Durchfall oder sogar zu Muskelschwäche. Diese Krankheitserreger können zwar durch Einfrieren größtenteils abgetötet werden, jedoch erst wenn das rohe Fleisch bei ‑20° C für mindestens vier Tage eingefroren wird. Die Standardempfehlung für Gefrierschränke und ‑Truhen liegt jedoch nur bei -18° C.
Eine weitere Gefahr beim Barfen ist die Fütterung von Knochen und rohem Schweinefleisch. Füttert man zu viele Knochen, kann der Hund unter schweren Verstopfungen leiden. Hinzu kommt, dass einige Knochen auch splittern und somit schwere Verletzungen im Rachenraum oder Magen- und Darmtrakt verursachen. Die Gefahr bei rohem Schweinefleisch liegt darin, dass es theoretisch möglich ist, dass der Hund sich mit aujeszkyschen Erregern infiziert, was für den Hund immer tödlich endet. Die deutschen Schweinbestände gelten zwar als aujeszkysch-frei, jedoch gibt es Befunde bei Wildschweinen, bei denen die Krankheit nicht bekämpft oder behandelt werden kann. Hiernach sollte man aus Vorsicht lieber von der Fütterung von rohem Schweinefleisch absehen.
Ist Barfen schlecht fürs Klima?
In Zeiten der Klimapolitik hat man schon öfters Schlagzeilen vernommen, die sich die Ökobilanz unserer Haustiere vorknüpfen. Laut einer Studie hat ein mit Barf ernährter Hund einen doppelt so hohen Klimafußabdruck wie ein mit herkömmlichem Futter ernährter Hund. Der Grund: herkömmliches Futter besteht in der Regel aus Nebenprodukten der Fleischindustrie, beim Barf wird hingegen hochwertigeres Fleisch verfüttert, was wesentlich klimaschädlicher ist. Zusätzlich ist der pflanzliche Anteil (z.B. Getreideprodukte) im herkömmlichen Futter oft wesentlich höher als beim Barf, so dass allein hieraus schon eine bessere Klimabilanz resultiert.
Es gibt somit mehrere Gründe, die gegen die so angesagte Rohfütterung sprechen und die man nicht vernachlässigen sollte. Das zeigt, dass man sich im Vorfeld gut und ausführlich informieren und Vor- und Nachteile abwägen sollte, da man sonst seinem Hund sogar schaden kann.