Ist ein Staat aber erst einmal geschaffen, gingen die Bestrebungen — mal früher, mal später — dahin, jedwede Gewalt aus der Gesellschaft zu verbannen und alleine auf den Staat zu beschränken. Anders gesagt: Der staatlichen Gewalt allein wurde ein Monopol zugesprochen. So sollte Ordnung und zivilgesellschaftliche Sicherheit für jeden gewährleistet werden. Aus der Erfahrung während der Völkerwanderung, des Verfalls der Staaten der antiken Welt, des Erlebnisses von Gewalt und Zivilisationsbruch, die wie ein Rückfall in den vorstaatlichen Naturzustand des „Kampfes aller gegen alle“ angesehen wurden, trat die Notwendigkeit hervor, jede als legitim angesehene Gewalt nur dem Staat zuzubilligen. Doch was genau sind nun die staatlichen Gewalten?
„Der Staat bin ich“
Im Mittelalter vereinte der monarchische Herrscher alle staatliche Gewalt auf seine Person. Beraten durch seine Minister war er in einer Person sowohl Gesetzgeber als auch oberster Gerichtsherr. Zudem war er in der Ausführung aller Entscheidungen oberste Instanz, indem er die Streit- und Sicherheitskräfte und Behörden befehligte. In derart absolutistischen Zeiten konnte der französische König Ludwig XIV. von sich mit Fug und Recht behaupten: „Der Staat bin ich“.
So zufrieden man einerseits über die dauerhafte Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung war, so schnell erkannte man andererseits, dass das Wohlergehen aller vom Charakter und der Persönlichkeit eines Einzelnen abhängig war. War die Person, die an der Spitze des Königshauses stand, für die Aufgabe geeignet, florierte der Staat.
War die Person grausam und ungerecht, litt das Staatswesen. Wer immer einem despotischen Herrscher in irgendeiner Weise nicht gefiel, konnte verhaftet, gefoltert und getötet werden, ohne dass sich das Opfer herrschaftlicher Gewalt auf irgendwelche Rechte berufen konnte. Im Laufe der Zeit suchten die Staatsbürger der Willkür des königlichen Souveräns daher Schranken zu setzen. Meilensteine auf diesem Weg waren die Freiheits- und Grundrechte, welche Herrscher ihren Untertanen schriftlich garantierten. So in der Magna Charta 1215, der Habeas-Corpus-Akte 1679 in England und der Bill of Rights 1789 in Amerika. Aus diesen Rechten entwickelten sich die heutigen Grund- und Menschenrechte. Dies war ein langer Weg, auf dem man nach einer beherrschbaren Zähmung der staatlichen Gewalten in den Händen eines Einzelnen suchte. Eine wesentliche Kritik zielte darauf, dass es in monarchischen Zeiten wenig Möglichkeiten gab, die Gewalt des Herrschers zu begrenzen. Wie sollte man das bewerkstelligen?
Gewaltenteilung soll Tyrannei verhindern
Eine Lösung wurde im 18. Jahrhunderts gefunden. Die staatlichen Gewalten sollten sich gegenseitig kontrollieren! Teile, lautete der dahinterstehe Gedanke, und beherrsche so das Risiko der Tyrannei. Es war der französische Staatsrechtler Montesquieu (1689–1755), der davon ausging, dass die Freiheit des Einzelnen nur dann vorhanden sei, wenn die staatlichen Gewalten voneinander getrennt sind und sich gegenseitig kontrollieren. Die drei Gewalten, die idealerweise unabhängig voneinander in einem Staat existieren sollten, wurden von ihm so benannt: die Legislative (die gesetzgebende Gewalt), die Judikative (die Recht sprechende Gewalt) und die Exekutive (die vollziehende Gewalt). Dieser Gedanke setzte sich im Laufe der Geschichte durch. Dafür bedurfte es Reformen und Revolutionen. Auf seiner Grundlage aber sind heute die staatlichen Gewalten in den demokratischen Staaten aufgebaut. Bereits die Setzung von Recht wird dabei als legitime Gewalt, im Sinne von Herrschaft, angesehen. Ebenso ihre Einhaltung. Dies geschieht nicht willkürlich, sondern auf demokratischem Wege über Wahlen. Die Repräsentanten des Volkes kommen im Parlament (der Legislative) zusammen. Auf der Ebene der deutschen Bundesländer gehören zu ihr die Landtage bzw. Senate in den Stadtstaaten; auf Ebene des Bundes sind es der Bundestag und der Bundesrat. Ihre oberste Aufgabe ist die Gesetzgebung sowie die Überwachung der von der Mehrheit des Parlaments gewählten und getragenen Regierung. Der Regierung (Exekutive) ist die Ausführung der Gesetze anvertraut. Ihr unterstehen die öffentliche Verwaltung, die Polizei und die Armee. Alle diese Institutionen haben sich an die gegebenen Gesetze zu halten. Auch hier gilt das staatliche Gewaltmonopol. Das bedeutet, das andere Gesetzgeber oder Gerichte, etwa religiöser Art, vom Staat auf seinem Territorium nicht geduldet werden. Nur die vom Parlament verabschiedeten Gesetze schreiben den Richtern, der dritten hier genannten staatlichen Gewalt vor, was richtig und falsch ist. Staatliche Gerichte sind die oberste Instanz in der rechtmäßigen Auslegung und Anwendung der Gesetze. Die obersten Bundesgerichte sind in Deutschland das Bundesverfassungsgericht (Karlsruhe), der Bundesgerichtshof, das Bundessozialgericht (Kassel) und das Bundesverwaltungsgericht (Leipzig). Durch die so organisierte Teilung der staatlichen Gewalten wird angestrebt, ein Staatswesen zu schaffen, das frei von Willkür und Tyrannei ist, auf einklagbaren rechtsstaatlichen Prinzipien beruht, allen Sicherheit bietet und zugleich jedem Einzelnen die möglichst größten Freiheiten einräumt.
MCK