War­um ist Öster­reich nicht in der NATO?

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Österreich ist ein westliches Land und in seiner wirtschaftlichen und demokratischen Organisation zweifelsfrei Teil der westlichen Gemeinschaft. Dementsprechend ist Österreich in zahlreichen internationalen Organisationen vertreten und auch ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Allerdings ist Österreich nicht in der NATO. Gibt es einen besonderen Grund dafür?

Öster­reichs his­to­ri­sche Entwicklung

Mit dem Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges war Öster­reich ein besetz­tes Land. Eben­so wie Deutsch­land war es von den vier alli­ier­ten Sie­ger­mäch­ten besetzt. Die eins­ti­gen Ver­bün­de­ten – die Sowjets, die Ame­ri­ka­ner, Bri­ten und Fran­zo­sen – hiel­ten jeweils einen Teil des Alpen­lan­des besetzt. 

Mit dem begin­nen­den Kal­ten Krieg zwi­schen West und Ost stieg die Gefahr einer Tei­lung Öster­reichs. Um dies zu ver­mei­den, nahm die öster­rei­chi­sche Regie­rung 1953 Ver­hand­lun­gen mit den Besat­zungs­mäch­ten auf. Der schwie­rigs­te Teil die­ser Ver­hand­lun­gen war der zukünf­ti­ge Sta­tus des Lan­des: sei­ne Zuge­hö­rig­keit zwi­schen Ost und West. 

 

Der Sta­tus Öster­reichs: Vor­bild Schweiz

In dem Kon­flikt der dama­li­gen Zeit wur­de eine salo­mo­ni­sche Lösung für Öster­reich gefun­den. Vor­bild dafür wur­de die Schweiz, die sich nach dem Wie­ner Kon­gress als ein Land mit „dau­er­haf­ter Neu­tra­li­tät“ ver­or­te­te. Die­ser Sta­tus erwies sich für die Schweiz als äußerst vor­teil­haft; er bewahr­te sie im 20. Jahr­hun­dert vor einer Ver­wick­lung in zwei Weltkriege.

Für die Sowjet­uni­on zähl­te in den Ver­hand­lun­gen über die Zukunft Öster­reichs die aus­ge­spro­che­ne Garan­tie, dass das Land nicht dem Mili­tär­bünd­nis der NATO bei­tre­ten wür­de. Für die west­li­chen Mäch­te stand die Sicher­heit im Fokus, dass Öster­reich eine west­lich ori­en­tier­te Demo­kra­tie blei­ben und die bereits voll­zo­ge­ne wirt­schaft­li­che und poli­ti­sche West­in­te­gra­ti­on fort­set­zen wür­de. Die­se salo­mo­ni­sche Lösung ver­half denn auch der öster­rei­chi­schen Diplo­ma­tie zu einem ihrer größ­ten Erfolge. 

 

Öster­reichs vor­teil­haf­te Lage zwi­schen Ost und West

Mit dem Abschluss des Staats­ver­tra­ges zwi­schen der öster­rei­chi­schen Regie­rung und den Sie­ger­mäch­ten im Jahr 1955 erlang­te das Land sei­ne Sou­ve­rä­ni­tät zurück. Die Besat­zungs­mäch­te zogen ab, die Tei­lung wur­de vermieden. 

Öster­reich erklär­te „aus frei­en Stü­cken sei­ne immer­wäh­ren­de Neu­tra­li­tät“ und ver­pflich­te­te sich, kei­nen mili­tä­ri­schen Bünd­nis­sen beizutreten. 

In der Fol­ge wur­de Wien zu einem belieb­ten inter­na­tio­na­len Kon­fe­renz­ort, da man weder in einem NATO-Land noch im Gebiet des War­schau­er Pak­tes tagte. 

Erst 1995 trat Öster­reich als ein neu­tra­les Land der Euro­päi­schen Uni­on bei. 

 

Neu­tra­li­tät im Ein­fluss­be­reich von Großmächten

Im Ein­fluss­be­reich von Groß­mäch­ten herrsch­te für klei­ne­re Staa­ten schon immer zumin­dest ein Gebot der Neu­tra­li­tät. Damit soll­te ver­hin­dert wer­den, dass sich vor der Haus­tür einer Groß­macht eine feind­li­che Alli­anz orga­ni­sie­ren und sie bedro­hen könn­te. Die Mon­roe-Dok­trin der USA ver­kün­de­te dies bereits im frü­hen 19. Jahr­hun­dert für sämt­li­che Staa­ten Nord- und Südamerikas. 

Der Sowjet­uni­on gelang  es nicht nur im Fal­le Öster­reichs, das Gebot der Neu­tra­li­tät durch­zu­set­zen. Auch Finn­land und Schwe­den blie­ben aus die­sem Grund der NATO fern.

Nach dem Ende der Sowjet­uni­on ent­zün­de­te sich ein eben­sol­cher Streit zwi­schen Russ­land und der NATO um den Sta­tus klei­ne­rer Staa­ten an der west­li­chen Gren­ze Russ­lands, wie Geor­gi­en und der Ukraine.

Eine mög­li­che Lösung des Ukrai­ne-Kon­flik­tes könn­te also sein, dass das Land nach öster­rei­chi­schem Vor­bild „aus frei­en Stü­cken sei­ne immer­wäh­ren­de Neu­tra­li­tät“ erklärt, zugleich aber eben­so wie Öster­reich Mit­glied der EU wird. 

 

 ‑MCK-