Wie hoch ist die Gefahr eines Blackouts?
Gehörte Deutschland einst zu den Ländern mit der größten Versorgungssicherheit weltweit, ist mit der bereits vollzogenen weitgehenden Abschaltung von Kohle- und Atomkraftwerken die jederzeit verlässliche Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung mit Strom fraglich geworden.
Laut Bundesnetzagentur wirke sich der Umstieg auf erneuerbare Energieträger zwar aktuell noch nicht auf die Versorgungssicherheit aus. Allerdings lässt der geplante Ausstieg aus allen konventionellen fossilen Energieträgern befürchten, dass die Versorgungssicherheit in Zukunft massiv leiden wird.
Dafür spricht, dass es bereits jetzt eine Vielzahl an Stromausfällen gibt, die im Millisekundenbereich und darüber hinaus liegen. Sie werden als Blackout bezeichnet. Gemeint ist damit der Ausfall eines Netzgebietes, aus dem sich kaskadenartig weitere großflächige Stromausfälle ergeben können, die sich im schlimmsten Fall über Ländergrenzen hinweg erstrecken können. Ausgehend von der ursprünglich lokalen Störung können so Blackouts entstehen, die sich über die Regelzonen hinaus kilometerweit in der Fläche fortsetzen.
Mit regelnden Eingriffen in die Netzstabilität konnten sich bislang Stromausfälle mitunter noch so eben beherrschen lassen. So stieg der Anstieg kritischer Eingriffe ins Stromnetz in den vergangenen Jahren in dramatischer Weise an.
Wie angespannt ist das Stromnetz?
Gab es im Jahr 2006 insgesamt nicht mehr als vier systemstabilisierende Eingriffe, schnellte mit dem bereits schrittweise vollzogenen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ihre Anzahl bis zum Jahr 2019 auf über 6.000 Eingriffe nach oben — Tendenz weiter steigend. Dabei werden durch sogenannte Lastabwürfe, auch Brownout genannt, zeitweilig ganze Fabriken vom Netz genommen, deren Produktionsprozesse besonders energieintensiv sind (z. B. in der Stahl‑, Aluminium- und Glasindustrie). So verhindert man, dass das gesamte Netz kollabiert.
Die Betreiber werden für den zeitweiligen Produktionsausfall entschädigt. Die Kosten für die vertraglich im Vorfeld geregelte Abschaltung vom Stromnetz trägt jedoch die Allgemeinheit der Stromkunden. Die letzten bekanntgewordenen Zahlen für die Kosten derartiger netzstabilisierender Eingriffe stammen aus dem Jahr 2020 und lagen bei nicht weniger als 1,4 Milliarden Euro im Jahr. Je weiter die Energiewende voranschreitet, desto mehr wird die Blackout-Gefahr zunehmen. Schon heute ist bekannt, dass fast täglich immer aufwendigere Eingriffe notwendig sind, um einen Kollaps zu verhindern.
Im September 2021 kritisierte die Investmentbank Goldman Sachs „die Obsession des europäischen Kontinents und dessen Hang zum schnellen Ausbau von grün-alternativen Technologien“ und warnte vor sich mehrenden Stromausfällen in Europa. Gleichermaßen wies im November 2021 der Energieversorger Eon darauf hin, dass immer häufiger Engpässe im Stromnetz auftreten werden. Notfalls könnten Versorgungsunternehmen gezwungen sein, „Verbraucher vom Netz zu trennen — sogar ganze Städte“.
Blackout als das größte Katastrophenrisiko
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) schätzt mittlerweile einen Blackout als das größte Katastrophenrisiko ein. Seit 2011 warnt das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag bereits eindringlich vor seinen Konsequenzen: „Die Folgenanalysen haben gezeigt, dass bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sicherzustellen ist. Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, der grundgesetzlich verankerten Schutzpflicht für Leib und Leben seiner Bürger kann der Staat nicht mehr gerecht werden.“
Auch der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe warnte bereits vor den Folgen einer misslungenen Energiewende, als er in einem Interview im Juni 2020 auf die Frage, welches Katastrophenszenario er am meisten befürchte, feststellte: „Ganz klar den Blackout, einen flächendeckenden, langanhaltendenden Stromausfall“.
Was kann bei einem Blackout geschehen?
Im Falle eines langanhaltenden Stromausfalls ist die Funktionsfähigkeit der gesamten gesellschaftlichen Infrastruktur bedroht. Sämtliche Kommunikationssysteme sind bei einem Stromausfall in Gefahr. Banken und Tankstellen müssen ihren Betrieb einstellen, da die Verbuchungssysteme nicht mehr funktionieren. Ebenso sind Tanksäulen betroffen, die ohne Strom kein Benzin mehr pumpen können. Da die Notstromaggregate in Krankenhäusern nur für maximal 48 Stunden Kraftstoffreserven haben, wäre im Falle eines Stromausfalls der Medizinsektor besonders betroffen. Operationen könnten nicht mehr stattfinden; lebensrettende Maßnahmen könnten nicht mehr gewährleistet werden. Selbst die Trinkwasserversorgung ist ohne Strom dauerhaft nicht gesichert und auch Toilettenspülungen würden nicht mehr funktionieren.
Woran man bei einem Blackout unbedingt denken sollte
Für den Notfall sind zuallererst Trink- und Brauchwasservorräte für mindestens drei Tage notwendig. Wer in seiner Wohnung oder im Keller keinen entsprechenden Stauraum hat, sollte beim ersten Anzeichen eines Stromausfalls die Badewanne mit dem noch vorhandenen Wasser in der Leitung auffüllen. Weiterhin sind leere Kanister von Vorteil, die an fließenden Gewässern aufgefüllt werden können. Wasseraufbereitungstabletten sollten in ausreichender Menge vorrätig sein, um das geschöpfte Wasser auch trinkbar machen zu können.
Weiterhin werden Lebensmittelvorräte für mehrere Tage benötigt. International wird ein Lebensmittelvorrat von drei bis vier Tagen in jedem Haushalt empfohlen. Das Bundesamt für Katastrophenschutz in Bonn rät gar einen Notvorrat für eine Woche an. Ein Campingkocher mit ausreichend Reservegaskartuschen und passendem Kochgeschirr aus Aluminium ist in vielfältiger Weise nutzbar: Nicht nur, um sich warme Mahlzeiten zuzubereiten, sondern auch, um notfalls Wärmflaschen befüllen und bei fehlenden Trinkwasservorräten Wasser abkochen zu können. Auf die Notfallliste gehören weiterhin unabdingbar Kerzen, Streichhölzer und Taschenlampen. Bei einem Stromausfall im Winter besteht außerdem die Gefahr des völligen Ausfalls der Heizungsanlagen: Ausreichend warme Decken und Wärmflaschen sind daher von überlebenswichtiger Bedeutung. Batterien und batteriegetriebene Radios sind notwendig, um Durchsagen der Polizei und des Katastrophenschutzes zu empfangen. Eine ausreichende Menge an Bargeld in kleiner Stückelung sollte in jedem Haushalt vorrätig sein, da Geldautomaten ohne Strom ihren Dienst einstellen. Schließlich ist es ratsam, die eigene Wohnung während eines Stromausfalls möglichst nicht für lange Zeit zu verlassen, da in Großstädten nach dem Zusammenbruch der staatlichen Infrastruktur mit Plünderungen zu rechnen ist.